Dall-As

Das Abi-Musical
von Stefan Krause und Christopher Gerber

 

dramatis personae:
 
  Karl Dall: Lederweste, Turnschuhe
  Herbert Dörfler: schlecht sitzender Anzug, möglichst mit Transpirationsflecken, indiskutabel breite Krawatte im Look der 70er
  Eugen Wöhrle: Frotteetrainingsanzug, Peitsche
  Adolf Kuhn: dreifarbig-quergestreifter Skianorak
  Walter Häußler: schicke Bundfaltenhose, kurzärmliges Oberhemd, Halbschuhe
  Johannes Rösner: lässiges Sakko, T-Shirt, 3-Tages-Bart
  Hermann Schmidt: Sandalen, Jeans (weiter Schlag), von Mutti gestrickter, weitmaschiger Pullover
  Dr. Claus Bunk: schwarzes Hemd, schwarze Hose, ätzend rote oder wahlweise gelbe Lederkrawatte
  Hans Jürgen Leibfritz: links getragener Pullover, lapprige Hose, keine Socken, "Fischdosen"-Schuhe, partiell rasiert
  Udo-Schüler: legere, normale Schülerkluft
  Frau Schwarz: nicht zu aufgetakelt, trotzdem gut gestylt

 

Die Bühne zeigt eine für Talkshows charakteristische Anordnung von Tischen und Stühlen. Links von der Bühne ist Raum für die Durchführung der Filmeinstrahlung, die im Verlauf der Show zu sehen sein wird. Die nacheinander hereinkommenden Talkgäste nehmen in ff. Reihenfolge Platz.
Von links nach rechts:
Hermann S. - Johannes R. - Udo - ... - Karl Dall - Adolf K. - Herber D. - Walter H. - Eugen W.

 

(Stimme aus dem Hintergrund): Karl, wir sind auf Sendung!

Karl Dall: Ja, äh, hallo, ich begrüße Sie zu einer neuen Ausgabe von "Dall-As", heute direkt von der Abifeier des Gymnasiums Wiblingen. Ich weiß nicht, warum wir eigentlich hier sind, aber der Schulleiter, Herbert Dörfler, hat es sich eine schöne Stange Geld kosten lassen, seine Schule ins Rampenlicht zu rücken, und wenn ich mich so umschaue, kann ich ihn versteh'n. Natürlich stehen unsere heutigen Gäste alle in direkter Verbindung mit dieser Anstalt, also keine Prominenten heute, aber keine Angst, die Hausmeister sind auch nicht dabei.
Einer unserer Gäste ist, wie ich g'rad erfahren habe, noch nicht da: ich würde sagen, wir füllen den Stuhl mit einem Schüler. Ist egal wer, ist einer so gleich wie der andere, aber, Du, dein Gesicht kenn' ich... es interessiert zwar keinen, aber, wie heißt Du?...

Schüler: Udo.

Karl Dall: Ich kannte mal einen Udo, das war ein rechter Schwachkopf. Setz dich hin. Dieser Typ hier wird es wohl schwerlich mit dem Lehrer aufnehmen können, der jetzt kommt. Er ist für seine harten Unterrichtsmethoden auch außerhalb der BRD bekannt. Es ist Eugen Wöhrle, Sport und Englisch.
Besonders freuen wir uns auch über zwei Mathe- und Physiklehrer, für die ein gelungener Versuch Ersatz für vieles darstellt. Hier sind Adolf Kuhn und Walter Häußler.

(Eugen Wöhrle nimmt wortkarg Platz)

Adolf Kuhn: Griaß Eich.

Walter Häußler: (gehemmt) Hallo zusammen.

Karl Dall: Unsere Sendung heißt Dall-As und zu Dallas gehört zwangsläufig auch J.R., J.R. steht für lässige Überlegenheit, J.R. steht für John Ross, aber auch für Johannes Rösner, und hier ist er, Deutsch, Geschichte, Politik...

Johannes Rösner: Salute.

Karl Dall: Man kommt nicht umhin, auch das Pendant dieses Eisblocks einzuladen, denn wenn, dann treten sie nur kollektiv auf. Hier ist Hermann Schmidt, ebenfalls Deutsch, Geschichte, Politik.

Hermann Schmidt: N'Abend, Leute.

Karl Dall: Ganz besonders freut mich natürlich, daß er es heute abend möglich machen konnte, hier zu sein. Er bezeichnet sich selbst gern als den "König der Schule", er will hoch hinaus, das sehen sie gleich selbst, hier kommt er, Herbert Dörfler, CDU.

Herbert Dörfler: (charakteristisch hochwippend) Liebe Eltern, liebe Kollegen, liebe Anwesenden, auch ich möchte Sie meinerseits ganz herzlich heut' abend begrüßen und zunächst einige Gedanken zur Schule selbst loswerden,...

Karl Dall: Gut, ich glaub', das wird reichen, Jungs, was wollt ihr trinken? (Herbert Dörfler setzt sich gekränkt.) Hermann?

Hermann Schmidt: Könnt ich vielleicht 'nen Tee bekommen?

Adolf Kuhn: Pfeffermenzdee macht Ranzaweh.

Johannes Rösner: Ein Pils, acht Minuten.

Karl Dall: Für mich auch, aber so schnell wie möglich! (zu Udo) Und Du?

Udo: Ich nehm' 'n schön prickelndes schaumiges...

Herbert Dörfler: Was, der kriegt 'nen Saft! Für mich Wasser bitte.

Eugen Wöhrle: Apfelsaftschorle, gerührt, nicht geschüttelt.

Adolf Kuhn: A Stoiwoiza.

Walter Häußler: (perplex) Was, du trinkst ein Weizenbier? Ich möcht' eine Caprisonne.

(Bunny betritt die Bühne)

Karl Dall: Ah, da kommt ja auch schon unser Bunny. Wir fahren hier Geschütze auf, was?

Adolf Kuhn: Soddige Bedienunga soddat se em Ochsa au mol han!

Hermann Schmidt: Also ich finde das frauenverachtend!

Johannes Rösner: (Machogrinsen auf den Lippen) Is' Ihnen das nich' zu kalt?

(Herbert Dörfler öffnet sich den obersten Hendknopf.)

Eugen Wöhrle: Vielen Dank.

Adolf Kuhn: Heilandsack, desch a Frau!

Walter Häußler: Ich dank' Ihnen recht schön. (Er versucht von nun an, die ihm gebrachte Caprisonne auf verschiedenste Arten zu öffnen, ständig in Gefahr schwebend, sich ins Auge zu stechen.)

Karl Dall: Ja nun, ich weiß eigentlich nicht, worüber wir reden sollen, Euer Privatleben interessiert hier ja wohl niemanden, oder will jemand von Euch irgendwas loswerden, Du vielleicht, Johannes?

Johannes Rösner: Bleiben wir doch einfach beim "Sie".

Karl Dall: Niemand, das dachte ich mir eigentlich. Deshalb habe ich mich vorher bei den Schülern etwas umgehört, was sie so bedrückt, und da ist einiges ans Tageslicht getreten.
Herbert, wie stehen Sie beispielsweise zu dem Vorwurf, daß im Schulsport rüdeste Sitten herrschen sollen, auch seitens der Lehrer. Kinder sollen weinend die Turnhalle verlassen haben.

Herbert Dörfler: Also diesen Vorwurf muß ich energischst zurückweisen. Unsere Sportlehrer sind allesamt hervorragend geschulte Pädagogen, die versuchen, die Lehrinhalte mit Milde und Gerechtigkeit zu vermitteln.

Udo: (leicht aufmüpfig) Jetzt wo der Herr Wöhrle schon mal da ist, möcht' ich schon mal sagen, daß...

Johannes Rösner: Also ich finde, man sollte diesem Knaben Udo bitte Redeverbot erteilen.

Adolf Kuhn: Wieso, der soll sei Gosch ruhig aufmacha.

Karl Dall: Nee, Johannes hat recht. Udo, rede, wenn du gefragt wirst. Aber die Vorwürfe gegen Sie stehen, was sagen Sie dazu, Herr Wöhrle?

Eugen Wöhrle: Meinen die Memmen etwa, beim Barras wird's anders werden? Mein Kumpel Erich Manz und ich sind da einer Meinung.


Nach 66 Runden

1) (Herr Wöhrle) Ihr werdet euch noch wundern, wenn ich mit euch fertig bin,
sobald das hier vorbei ist, könnt ihr nicht mehr aufrecht geh'n.
Zuhause fön' ich äußerst lässig das Haar, das mir noch blieb,
hier zieh' ich meinen Bauch ein und mach' auf Schleifertyp.
Und flehen mich die Sünder nach 30 Runden an,
dann sag' ich: "Meine Lieben, ich häng' noch 30 dran!"

Refrain: Nach 66 Runden, da fängt der Spaß erst an,
erst wenn der Schweiß in Strömen fließt, dann hab' ich Freude dran.
Nach 66 Runden kommt ihr ja erst in Schuß,
und nach 66 ist noch lang noch nicht Schluß!

2) (Herr Manz) Ich bin der Schönling uns'rer Schule, geschniegelt jeden Tag,
in meinem rosa Glanzanzug fühl' ich mich furchtbar stark.
Ich spiel' Tennis fast wie Boris und surfe wie ein Gott,
träum' von Ferien unter Palmen weitab vom Alltagstrott.
Das Abo im Solarium hat sich tausendfach bewährt,
Herrn Stumpf stech' ich jetzt locker aus, bin siedendheiß begehrt.

Refrain: Noch 66 Tage, dann sind die Ferien da,
das Surfbrett wird auf's Dach geschnallt und ab nach Ibiza.
Am Strand, da bin ich König, das merk' ich auf Schritt und Tritt,
denn mein Badetanga ist ein echter Hit!
Schon 66 Schüler haben sich hier verletzt,
bedingungsloser Einsatz wird eben hoch geschätzt.
Im Basketball wird's lustig, wenn es um Noten geht,
denn Spitze ist nur, wer and're niedermäht.


Karl Dall: Herr Wöhrle muß uns jetzt leider verlassen, er muß noch auf ein Treffen mit seiner Selbsthilfegruppe.

Walter Häußler: (verzweifelt) Adolf, kannst Du mir des hier mal aufmachen. Zu Hause schaff' ich des immer, aber ich bin so aufgeregt, mit dem Lampenfieber, wo ich doch im Fernsehen bin ...

Karl Dall: Komm Udo, daß Du auch mal was sagst, wo alle schon mal da sind. Willst Du irgendwas loswerden?

Udo: Na, alles in allem, es waren schon schöne Jahre hier, aber im Laufe der Zeit is' mir da schon manches auf'n Wecker gegangen.

Johannes Rösner: U-d-o, würden wir uns bitte zurückhalten!

Karl Dall: Johannes, ich kenn' Dich jetzt schon ein bißchen. Warum greifst Du Udo so an? Ich weiß, Du bist Vertrauenslehrer, und ich weiß, Du setzt Dich oft für 'ne gute Sache ein, haust schon mal 'nen Schüler aus der Bredouille. Wieso seid Ihr zwei, Du und Hermann, nach außen hin so cool? Steht auf dem Schulhof und laßt den Schüler Eure Überlegenheit spüren?

Johannes Rösner: Hör zu, Karl, ich weiß nicht, warum ich mich in einer Sendung, die weit unter meinem Niveau liegt, wegen irgendwas rechtfertigen sollte.

Hermann Schmidt: He, ne Du, Hannes, laß uns doch unser'n Standpunkt dazu mal einbringen, danach werden sie uns sicher besser verstehen.


Wir sind noch keine 40
(H. Rösner, H. Schmidt)

1)  '68 war alles besser, '68 war alles gut,
da hielten alle noch zusammen, die Bewegung hatte noch Mut.
Für uns war'n die Eltern Spießer, wir ließen uns von keinem belehr'n,
damals war das alles anders und wird so nie wiederkehr'n.

Refrain: Wir sind noch keine 40, aber ziemlich nahe dran
zwar sind die Haare jetzt kürzer und der Bart ist gepflegter,
doch uns're Jeans ham wir immer noch an.

2)  Wir sind zwei dicke Freunde, haben beide dieselben Ideen,
was immer auch passieren mag, wir werden zusammensteh'n.
Wir machen uns gerne unbeliebt, ham noch keine Chance verpaßt,
und sind erst richtig glücklich, wenn auch der letzte Schüler uns haßt.

Refrain: Wir sind noch keine 40, doch schon ziemlich nahe dran,
und mit Stoppelbart und Schnauzer zieh'n wir seit jeher die Frauen an.
Wir sind die Sheriffs uns'rer Schule, auf Streife jeden Tag,
für die Großen gibt's nur 'nen verächtlichen Blick, die Kleinen ab auf's Rektorat.

3)  Arroganz heißt uns're Schwester, Sadismus unser bester Freund,
unser Feuerschwert ist die Fiesheit und der Schüler, der ist unser Feind.
Wir haben's uns mal geschworen, wollten niemals Väter sein,
verschenkten "Kinderhasserbücher", doch ham heut selber zwei daheim.

Refrain: Wir sind noch keine 40, doch schon ziemlich nahe dran,
und gibt's irgendwo was zu zechen, reisen wir mit Hannes' Panda an.
Sofern ein Schüler sich was zu sagen traut, wird er verachtet oder ignoriert,
es gilt eh' nur uns're Meinung, da keine and're int'ressiert.


Karl Dall: Ich dank' Euch, Ihr zwei, sagt mal, is das mit dem Älterwerden wirklich so ein Problem für Euch? Hängt Ihr der alten Zeit immer noch so nach?

Hermann Schmidt: Ne, mal im Ernst Du: Seit ein paar Jahren sind wir auf den Demos immer die Ältesten.

Johannes Rösner: Nun, der Alterungsprozeß kann grausam sein, sieht man ja wohl an Dir.

Hermann Schmidt: Weißt Du, ich hab' versucht dahinterzukommen, warum mir das so viel ausmacht. Ich hab das gruppendynamisch-tiefenpsychologisch ausgelotet, hab' Freud und Jung angesetzt, kam aber bis jetzt einfach noch nicht drauf.

Karl Dall: A propos Alter, Herbert, Du hast schon lange nix mehr gesagt.

Herbert Dörfler: Ich hab damit keine Probleme, ich halte Diät und trinke keinen Alkohol, rauche nicht und meine allmorgendlichen Patrouillengänge halten mich fit.

Karl Dall: Und Ihr zwei, seid Ihr ähnlich körperbewußt wie Herbert?

Adolf Kuhn: A woisch, i kick halt dussa en Weißahoara.

Walter Häußler: Und ich tu' Ringtennis spielen.

Udo: (versucht spritzig zu sein) Soll ich vielleicht 'nen Mantawitz bringen?

Alle: UDO!!!

Karl Dall: Komm Udo, sei ruhig, Du wärst eigentlich gar nicht hier, wenn Herr Wiest gekommen wäre. Weiß eigentlich einer, was mit ihm ist?

Hermann Schmidt: Na vielleicht isser in Rom und verbrennt für den Papst Lümmeltüten?

Walter Häußler: Nein, ich finde, man sollte darüber keine Witze machen, denn der Hans-Hermann ist immer ein guter Freund von mir gewesen, und ich hab' heute morgen mitgekriegt, was mit ihm passiert ist, ein dicker Hammer.

Karl Dall: Ja, dann erzähl's doch!

Walter Häußler: Ha, ich weiß nicht recht.

Adolf Kuhn: Komm, schwätz!

Walter Häußler: Na schön ...


Fall nicht ins Klo (mein kleiner Freund)
(H. Häußler über H. Wiest)

1)  Letzten Montag auf dem Gang, da stand ein Mann,
und der suchte das WC, man sah's ihm an.
Nur leider war er viel zu klein, alleine kam er da nicht rein,
doch ich nahm ihn auf den Arm und sagte dann:

"Fall nicht ins Klo, mein kleiner Freund,
Du weißt, wie doll's da unten schäumt,
denn wer so klein wie Du ist, der kommt in Gefahr.
Halt' Dich schön an der Brille fest,
so fest, wie es sich halten läßt,
ich besorg' nur etwas Klopapier,
dann bin ich wieder da."

2)  Ich stand g'rade vor dem Seifenautomat,
als es hinter mir ganz furchtbar klirren tat,
und dann hörte ich Geschrei, seine Brille war entzwei,
und da wußt' ich, daß er mich falsch verstanden hat:

"Fall nicht ins Klo, mein kleiner Freund."
Ich lief zurück, hab fast geweint,
doch ich hörte ihn nur aus der Tiefe schrei'n.
Ich stand vor'm Klo, war blaß vor Schreck,
ich kam zu spät, er war schon weg,
wenn ich das im Kollegium 'rumerzähl,
das glaubt mir da kein Schwein!


Karl Dall: Oh ja, 'ne schlimme Sache, but the show must go on. Ich krieg' noch'n Bier.

Herbert Dörfler: Sie scheinen ja ziemlich viel Alkohol zu trinken!

Karl Dall: Klar, zwischen Leber und Milz paßt immer noch'n Pils. Man hört ja allenthalben, Ihre Schule sei absolut genußmittelfrei.

(Johannes Rösner und Udo stecken sich in diesem Moment synchron eine Zigarette an.)

Herbert Dörfler: Das will ich wohl meinen, zum Beispiel würde ich jeden Schüler oder Lehrer, den ich rauchend antreffe, hochkantig von der Schule weisen. Und Alkohol gibt es an meiner Schule zweimal nicht!

(Hastig werden die Zigaretten weggesteckt.)

Karl Dall: Dafür bechert mancher Lehrer nach Dienstschluß und auf Exkursionen recht gern.

Herbert Dörfler: Ach ja, davon ist mir nichts bekannt.

Karl Dall: Ihnen ist also nichts von Rotweingelagen irgendwelcher Kunstlehrer bekannt, deren Namen ich verschweige; Ihnen beißt also der Rauch, der aus dem Lehrervorbereitungszimmer quillt, nicht in den Augen?

Herbert Dörfler: In keinster Weise.

Karl Dall: Na, dann schauen Sie sich doch mal diesen Amateurfilm an, der uns zugespielt wurde. Dieses bedauerliche Dokument unserer Zeit wurde mit versteckter Kamera aufgenommen. MAZ ab!

(Bunk und Leibfritz werden beim freitäglichen Saufen gezeigt.)


Die kleine Kneipe
(H. Bunk, H. Leibfritz)

1)  Der Abend senkt sich auf die Dächer der Vorstadt,
die Schüler sind längst schon daheim,
doch wir beide heben nach Dienstschluß noch gerne
das ein oder and're Glas Wein.
2)  Im Schulhaus herrscht jetzt schon gespenstische Leere,
doch wir zwei geh'n noch nicht nach Haus',
denn drüben dringt aus uns'rer Söflinger Pinte
Musik auf den Gehsteig hinaus.
3)  In der Schule sind Goethe und Kafka das Thema,
doch wir nehm'n das Leben nicht schwer,
es nervt uns kein Schüler mit weltlichen Fragen,
denn das int'ressiert hier nicht mehr.

Refrain: Die kleine Kneipe in unserer Straße,
dort wo das Leben noch lebenswert ist,
dort in der Kneipe im Söflinger Stadl,
da fragt dich keiner, ob du Deutschlehrer bist.

4)  Die Kritik der Kollegen an unserem Leben,
die ist uns vollkommen egal,
zu viel' Studienreisen, das heißt es wohl meistens,
doch grad da sind wir stets erste Wahl.
5)  Ob Leningrad, Moskau, Berlin oder Leipzig,
all dies wird von uns hier geplant.
Die Schüler, sie werden von uns einmal sagen,
durch die zwei kenn' wir jedes Land.

Refrain: Die kleine Kneipe in unserer Straße,
dort wo das Leben noch lebenswert ist,
dort in der Kneipe im Söflinger Stadl,
da fragt dich keiner, ob du Deutschlehrer bist.

6)  Wir lieben das Medium, wir zeigen gern Filme,
auch wenn die oft nicht jugendfrei.
Wir diskutieren und philosophieren
und bleiben bis heut' nacht um zwei.
7)  Der Wirt spült schon Gläser, er bringt uns die Zeche,
wir sind wohl die letzten für heut'.
Es graut schon der Morgen, doch wir ziehen weiter,
im "Weinkrüger" hat's ja noch Leut'.

Refrain: Die kleine Kneipe in unserer Straße,
dort wo das Leben noch lebenswert ist,
dort in der Kneipe im Söflinger Stadl,
da fragt dich keiner, ob du Deutschlehrer bist.


Karl Dall: Sie haben den Film gesehen, Sie wissen, was Sache ist.

Herbert Dörfler: (konsterniert) Ich muß gestehen, ich bin entsetzt. Das wird Konsequenzen nach sich ziehen, ... aber sie könnten doch zu mir kommen, wenn sie Probleme haben.

Karl Dall: Ach komm, Herbert, runter mit der Puritanermaske. Findest Du das wirklich so schlimm, wenn man mal ein Gläschen trinkt? Dr. Bunk und Herr Leibfritz sind doch zwei Deiner fähigsten Lehrkräfte. Ist doch nix dabei, wenn die beiden ab und an mal aus sich 'rausgehen. Ab und zu trinkst Du doch auch mal was. Das Wasser hier hat ja wohl nur Alibifunktion.

Herbert Dörfler: Na ja, ... ich geb' zu ... wie soll ich sagen ... gelegentlich heb' ich mit meinen Freunden von der Fraktion schon mal das ein oder andere Glas.

Karl Dall: Na also, Bruder, dann trinken wir doch einen zusammen. Ein Bier für Herbert!

Herbert Dörfler: (jovial-erregt) Und'n Korn!

(Er entledigt sich seines Jacketts, krempelt die Ärmel hoch und gibt sich gesellig, kippt den Korn und hebt das Glas zum Prosit.)

Hermann Schmidt: Jetzt wo wir so eine gesellige Runde sind - ich hab's grad schon zu Hannes gesagt - es fehlen eigentlich bloß noch die Frauen. Warum is'n das hier ein reiner Männerzirkel? Wir haben doch auch wirklich klasse Lehrerinnen an'er Schule.

Karl Dall: Jaaa, ich kann Euch da schon noch 'nen Leckerbissen aus'm Hut zaubern; eigentlich sollte sie ja erst später kommen, aber o.k., eine Frau wie ein Vulkan, stets pingelig genau auf ihr Äußeres bedacht, so richtet sie auch vor jeder Stunde ihr Haar im Spiegel des Tageslichtprojektors. Vor allem bei den männlichen Schülern gilt sie als die tollste Frau der Schule.

Alle: (leicht stammtischartig grölend) Na also, 's geht ja doch.

Karl Dall: Hier ist sie - Greta Schwarz!

Greta Schwarz: (schreitet einher) Hallo!

Karl Dall: Neben Udo ist noch'n Platz frei.

Udo: Oh mein Gott! (gestikuliert erregt)

Greta Schwarz: Udo, was is'n los?

Karl Dall: Udo, hey. Is' was? Du bist ja ganz fahl.

Udo: Ich kann's nicht sagen (schnauft heftig) ... es ist nur ... nein, ich kann's nicht ...

Karl Dall: Udo, jetzt sag' schon, was is'!

(Udo springt gehetzt auf und legt herzzerreißend los.)


Gretas blondes Haar
(Udo)

1)  Mittwochs in Bio, ich träum' von Liebe, doch eben nur ein Traum, oh-ho-ho...
Ritz' Herzchen in die Bank, hab' feuchte Hände und auf einmal seh ich sie, sie ...

Refrain: Gretas blondes Haar hat's mir angetan,
Gretas blondes Haar, wie komm' ich nur an sie ran? Lalala ...

2)  Sie hat mich angelacht - beim Fischesezieren - da war's um mich gescheh'n, oh-ho-ho ...
Blonde gibt's zwar viel an uns'rer Schule, doch ich, ich seh nur sie, sie ...

Refrain: Gretas blondes Haar hat's mir angetan,
Gretas blondes Haar, wär' ich doch nur ihr Mann. Lalala ...
Gretas blondes Haar hat's mir angetan,
Gretas blondes Haar, ich komm' nicht an sie ran ...


Greta Schwarz: Ja Udo, mein Udo, des hab' ich ja gar net g'wußt, warum hast'n mir das nie gesagt ...?

(Die beiden schäkern verstohlen und tuscheln ...)

Karl Dall: Ja, die Situation ist jetzt vielleicht etwas peinlich, und unsere Sendezeit ist ohnehin knapp benessen. Bleibt mir nur noch, mich von Ihnen zu verabschieden, es hat mir Spaß gemacht, die Talkgäste waren auch in Ordnung ...
Aber, Herbert hat mich vorhin zur Seite genommen und mir gesagt, er will unbedingt noch was loswerden. Es brennt ihm förmlich auf den Nägeln. Herr Dörfler, Ihre Bühne, TSCHÜSS!


König von Deutschland
(Herbert Dörfler)

1)  Jede Nacht um halb eins, wenn das Fernseh'n rauscht,
leg' ich mich auf's Bett und mal mir aus,
wie es wäre, wenn ich nicht der wäre, der ich bin,
sondern Kanzler, Kaiser, König oder Königin.
Ich würde dem M.V. mal meine Meinung geigen
und den hohen Herr'n in Bonn mal ihre Grenzen zeigen,
ich würd' das Heft der Bildung endlich an mich reißen
und dann nicht mehr länger nur noch Rektor heißen.
Das alles und noch viel mehr würd' ich machen, wenn ich nicht CDU-Stadtrat wär'.

2)  Keine Schülerdemos mehr, keine Kinder die raufen,
und kein Schüler würd' mehr Cola aus der Dose saufen,
meine Krawatten wär'n 'nen Meter lang,
und montags fing' die Schule schon um sechs Uhr an.
Keiner meiner Lehrer dürfte mehr aufrecht laufen,
dann müßt' ich mir auch nie mehr hohe Schuhe kaufen;
mit meiner Größe hab' ich nämlich ein Problem,
ohne hochzuwippen, kann ich nirgends drüberseh'n.
Das alles und noch viel mehr würd' ich machen, wenn ich Kultusminister wär'.

3)  Jeder Mann in Deutschland wollt' Kot'letten tragen,
um bei den Frau'n dasselbe Glück wie ich zu haben,
auf allen Kanälen nur noch ein Programm,
"Mainz bleibt Mainz" 24 Stunden lang.
Wenn ich irgendwo irgendwen erwisch' beim Rauchen,
wird er wohl vor Gericht 'nen guten Anwalt brauchen,
ich würde die Menschen nur mit Wahlspots quälen,
es wäre Pflicht für jeden Bürger, CDU zu wählen,
bei meinen Reden suchte niemand mehr das Weite,
ich wär' HERBERT I. und gleich noch der II.
Das alles und noch viel mehr würd' ich machen, wenn ich König von Deutschland wär'.

 

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