Dall-AsDas Abi-Musicalvon Stefan Krause und Christopher Gerber dramatis personae:
Die Bühne zeigt eine für Talkshows charakteristische Anordnung von Tischen und Stühlen. Links von der Bühne ist Raum für die Durchführung der Filmeinstrahlung, die im Verlauf der Show zu sehen sein wird. Die nacheinander hereinkommenden Talkgäste nehmen in ff. Reihenfolge Platz. Von links nach rechts: Hermann S. - Johannes R. - Udo - ... - Karl Dall - Adolf K. - Herber D. - Walter H. - Eugen W.
(Stimme aus dem Hintergrund): Karl, wir sind auf Sendung! Karl Dall: Ja, äh, hallo, ich begrüße Sie zu einer neuen Ausgabe von "Dall-As", heute direkt von der Abifeier des Gymnasiums Wiblingen. Ich weiß nicht, warum wir eigentlich hier sind, aber der Schulleiter, Herbert Dörfler, hat es sich eine schöne Stange Geld kosten lassen, seine Schule ins Rampenlicht zu rücken, und wenn ich mich so umschaue, kann ich ihn versteh'n. Natürlich stehen unsere heutigen Gäste alle in direkter Verbindung mit dieser Anstalt, also keine Prominenten heute, aber keine Angst, die Hausmeister sind auch nicht dabei. Schüler: Udo. Karl Dall: Ich kannte mal einen Udo, das war ein rechter Schwachkopf. Setz dich hin. Dieser Typ hier wird es wohl schwerlich mit dem Lehrer aufnehmen können, der jetzt kommt. Er ist für seine harten Unterrichtsmethoden auch außerhalb der BRD bekannt. Es ist Eugen Wöhrle, Sport und Englisch. (Eugen Wöhrle nimmt wortkarg Platz) Adolf Kuhn: Griaß Eich. Walter Häußler: (gehemmt) Hallo zusammen. Karl Dall: Unsere Sendung heißt Dall-As und zu Dallas gehört zwangsläufig auch J.R., J.R. steht für lässige Überlegenheit, J.R. steht für John Ross, aber auch für Johannes Rösner, und hier ist er, Deutsch, Geschichte, Politik... Johannes Rösner: Salute. Karl Dall: Man kommt nicht umhin, auch das Pendant dieses Eisblocks einzuladen, denn wenn, dann treten sie nur kollektiv auf. Hier ist Hermann Schmidt, ebenfalls Deutsch, Geschichte, Politik. Hermann Schmidt: N'Abend, Leute. Karl Dall: Ganz besonders freut mich natürlich, daß er es heute abend möglich machen konnte, hier zu sein. Er bezeichnet sich selbst gern als den "König der Schule", er will hoch hinaus, das sehen sie gleich selbst, hier kommt er, Herbert Dörfler, CDU. Herbert Dörfler: (charakteristisch hochwippend) Liebe Eltern, liebe Kollegen, liebe Anwesenden, auch ich möchte Sie meinerseits ganz herzlich heut' abend begrüßen und zunächst einige Gedanken zur Schule selbst loswerden,... Karl Dall: Gut, ich glaub', das wird reichen, Jungs, was wollt ihr trinken? (Herbert Dörfler setzt sich gekränkt.) Hermann? Hermann Schmidt: Könnt ich vielleicht 'nen Tee bekommen? Adolf Kuhn: Pfeffermenzdee macht Ranzaweh. Johannes Rösner: Ein Pils, acht Minuten. Karl Dall: Für mich auch, aber so schnell wie möglich! (zu Udo) Und Du? Udo: Ich nehm' 'n schön prickelndes schaumiges... Herbert Dörfler: Was, der kriegt 'nen Saft! Für mich Wasser bitte. Eugen Wöhrle: Apfelsaftschorle, gerührt, nicht geschüttelt. Adolf Kuhn: A Stoiwoiza. Walter Häußler: (perplex) Was, du trinkst ein Weizenbier? Ich möcht' eine Caprisonne. (Bunny betritt die Bühne) Karl Dall: Ah, da kommt ja auch schon unser Bunny. Wir fahren hier Geschütze auf, was? Adolf Kuhn: Soddige Bedienunga soddat se em Ochsa au mol han! Hermann Schmidt: Also ich finde das frauenverachtend! Johannes Rösner: (Machogrinsen auf den Lippen) Is' Ihnen das nich' zu kalt? (Herbert Dörfler öffnet sich den obersten Hendknopf.) Eugen Wöhrle: Vielen Dank. Adolf Kuhn: Heilandsack, desch a Frau! Walter Häußler: Ich dank' Ihnen recht schön. (Er versucht von nun an, die ihm gebrachte Caprisonne auf verschiedenste Arten zu öffnen, ständig in Gefahr schwebend, sich ins Auge zu stechen.) Karl Dall: Ja nun, ich weiß eigentlich nicht, worüber wir reden sollen, Euer Privatleben interessiert hier ja wohl niemanden, oder will jemand von Euch irgendwas loswerden, Du vielleicht, Johannes? Johannes Rösner: Bleiben wir doch einfach beim "Sie". Karl Dall: Niemand, das dachte ich mir eigentlich. Deshalb habe ich mich vorher bei den Schülern etwas umgehört, was sie so bedrückt, und da ist einiges ans Tageslicht getreten. Herbert Dörfler: Also diesen Vorwurf muß ich energischst zurückweisen. Unsere Sportlehrer sind allesamt hervorragend geschulte Pädagogen, die versuchen, die Lehrinhalte mit Milde und Gerechtigkeit zu vermitteln. Udo: (leicht aufmüpfig) Jetzt wo der Herr Wöhrle schon mal da ist, möcht' ich schon mal sagen, daß... Johannes Rösner: Also ich finde, man sollte diesem Knaben Udo bitte Redeverbot erteilen. Adolf Kuhn: Wieso, der soll sei Gosch ruhig aufmacha. Karl Dall: Nee, Johannes hat recht. Udo, rede, wenn du gefragt wirst. Aber die Vorwürfe gegen Sie stehen, was sagen Sie dazu, Herr Wöhrle? Eugen Wöhrle: Meinen die Memmen etwa, beim Barras wird's anders werden? Mein Kumpel Erich Manz und ich sind da einer Meinung. Nach 66 Runden 1) (Herr Wöhrle) Ihr werdet euch noch wundern, wenn ich mit euch fertig bin, Refrain: Nach 66 Runden, da fängt der Spaß erst an, 2) (Herr Manz) Ich bin der Schönling uns'rer Schule, geschniegelt jeden Tag, Refrain: Noch 66 Tage, dann sind die Ferien da, Karl Dall: Herr Wöhrle muß uns jetzt leider verlassen, er muß noch auf ein Treffen mit seiner Selbsthilfegruppe. Walter Häußler: (verzweifelt) Adolf, kannst Du mir des hier mal aufmachen. Zu Hause schaff' ich des immer, aber ich bin so aufgeregt, mit dem Lampenfieber, wo ich doch im Fernsehen bin ... Karl Dall: Komm Udo, daß Du auch mal was sagst, wo alle schon mal da sind. Willst Du irgendwas loswerden? Udo: Na, alles in allem, es waren schon schöne Jahre hier, aber im Laufe der Zeit is' mir da schon manches auf'n Wecker gegangen. Johannes Rösner: U-d-o, würden wir uns bitte zurückhalten! Karl Dall: Johannes, ich kenn' Dich jetzt schon ein bißchen. Warum greifst Du Udo so an? Ich weiß, Du bist Vertrauenslehrer, und ich weiß, Du setzt Dich oft für 'ne gute Sache ein, haust schon mal 'nen Schüler aus der Bredouille. Wieso seid Ihr zwei, Du und Hermann, nach außen hin so cool? Steht auf dem Schulhof und laßt den Schüler Eure Überlegenheit spüren? Johannes Rösner: Hör zu, Karl, ich weiß nicht, warum ich mich in einer Sendung, die weit unter meinem Niveau liegt, wegen irgendwas rechtfertigen sollte. Hermann Schmidt: He, ne Du, Hannes, laß uns doch unser'n Standpunkt dazu mal einbringen, danach werden sie uns sicher besser verstehen. Wir sind noch keine 40 1) '68 war alles besser, '68 war alles gut, Refrain: Wir sind noch keine 40, aber ziemlich nahe dran 2) Wir sind zwei dicke Freunde, haben beide dieselben Ideen, Refrain: Wir sind noch keine 40, doch schon ziemlich nahe dran, 3) Arroganz heißt uns're Schwester, Sadismus unser bester Freund, Refrain: Wir sind noch keine 40, doch schon ziemlich nahe dran, Karl Dall: Ich dank' Euch, Ihr zwei, sagt mal, is das mit dem Älterwerden wirklich so ein Problem für Euch? Hängt Ihr der alten Zeit immer noch so nach? Hermann Schmidt: Ne, mal im Ernst Du: Seit ein paar Jahren sind wir auf den Demos immer die Ältesten. Johannes Rösner: Nun, der Alterungsprozeß kann grausam sein, sieht man ja wohl an Dir. Hermann Schmidt: Weißt Du, ich hab' versucht dahinterzukommen, warum mir das so viel ausmacht. Ich hab das gruppendynamisch-tiefenpsychologisch ausgelotet, hab' Freud und Jung angesetzt, kam aber bis jetzt einfach noch nicht drauf. Karl Dall: A propos Alter, Herbert, Du hast schon lange nix mehr gesagt. Herbert Dörfler: Ich hab damit keine Probleme, ich halte Diät und trinke keinen Alkohol, rauche nicht und meine allmorgendlichen Patrouillengänge halten mich fit. Karl Dall: Und Ihr zwei, seid Ihr ähnlich körperbewußt wie Herbert? Adolf Kuhn: A woisch, i kick halt dussa en Weißahoara. Walter Häußler: Und ich tu' Ringtennis spielen. Udo: (versucht spritzig zu sein) Soll ich vielleicht 'nen Mantawitz bringen? Alle: UDO!!! Karl Dall: Komm Udo, sei ruhig, Du wärst eigentlich gar nicht hier, wenn Herr Wiest gekommen wäre. Weiß eigentlich einer, was mit ihm ist? Hermann Schmidt: Na vielleicht isser in Rom und verbrennt für den Papst Lümmeltüten? Walter Häußler: Nein, ich finde, man sollte darüber keine Witze machen, denn der Hans-Hermann ist immer ein guter Freund von mir gewesen, und ich hab' heute morgen mitgekriegt, was mit ihm passiert ist, ein dicker Hammer. Karl Dall: Ja, dann erzähl's doch! Walter Häußler: Ha, ich weiß nicht recht. Adolf Kuhn: Komm, schwätz! Walter Häußler: Na schön ... Fall nicht ins Klo (mein kleiner Freund) 1) Letzten Montag auf dem Gang, da stand ein Mann, "Fall nicht ins Klo, mein kleiner Freund, 2) Ich stand g'rade vor dem Seifenautomat, "Fall nicht ins Klo, mein kleiner Freund." Karl Dall: Oh ja, 'ne schlimme Sache, but the show must go on. Ich krieg' noch'n Bier. Herbert Dörfler: Sie scheinen ja ziemlich viel Alkohol zu trinken! Karl Dall: Klar, zwischen Leber und Milz paßt immer noch'n Pils. Man hört ja allenthalben, Ihre Schule sei absolut genußmittelfrei. (Johannes Rösner und Udo stecken sich in diesem Moment synchron eine Zigarette an.) Herbert Dörfler: Das will ich wohl meinen, zum Beispiel würde ich jeden Schüler oder Lehrer, den ich rauchend antreffe, hochkantig von der Schule weisen. Und Alkohol gibt es an meiner Schule zweimal nicht! (Hastig werden die Zigaretten weggesteckt.) Karl Dall: Dafür bechert mancher Lehrer nach Dienstschluß und auf Exkursionen recht gern. Herbert Dörfler: Ach ja, davon ist mir nichts bekannt. Karl Dall: Ihnen ist also nichts von Rotweingelagen irgendwelcher Kunstlehrer bekannt, deren Namen ich verschweige; Ihnen beißt also der Rauch, der aus dem Lehrervorbereitungszimmer quillt, nicht in den Augen? Herbert Dörfler: In keinster Weise. Karl Dall: Na, dann schauen Sie sich doch mal diesen Amateurfilm an, der uns zugespielt wurde. Dieses bedauerliche Dokument unserer Zeit wurde mit versteckter Kamera aufgenommen. MAZ ab! (Bunk und Leibfritz werden beim freitäglichen Saufen gezeigt.) Die kleine Kneipe 1) Der Abend senkt sich auf die Dächer der Vorstadt, Refrain: Die kleine Kneipe in unserer Straße, 4) Die Kritik der Kollegen an unserem Leben, Refrain: Die kleine Kneipe in unserer Straße, 6) Wir lieben das Medium, wir zeigen gern Filme, Refrain: Die kleine Kneipe in unserer Straße, Karl Dall: Sie haben den Film gesehen, Sie wissen, was Sache ist. Herbert Dörfler: (konsterniert) Ich muß gestehen, ich bin entsetzt. Das wird Konsequenzen nach sich ziehen, ... aber sie könnten doch zu mir kommen, wenn sie Probleme haben. Karl Dall: Ach komm, Herbert, runter mit der Puritanermaske. Findest Du das wirklich so schlimm, wenn man mal ein Gläschen trinkt? Dr. Bunk und Herr Leibfritz sind doch zwei Deiner fähigsten Lehrkräfte. Ist doch nix dabei, wenn die beiden ab und an mal aus sich 'rausgehen. Ab und zu trinkst Du doch auch mal was. Das Wasser hier hat ja wohl nur Alibifunktion. Herbert Dörfler: Na ja, ... ich geb' zu ... wie soll ich sagen ... gelegentlich heb' ich mit meinen Freunden von der Fraktion schon mal das ein oder andere Glas. Karl Dall: Na also, Bruder, dann trinken wir doch einen zusammen. Ein Bier für Herbert! Herbert Dörfler: (jovial-erregt) Und'n Korn! (Er entledigt sich seines Jacketts, krempelt die Ärmel hoch und gibt sich gesellig, kippt den Korn und hebt das Glas zum Prosit.) Hermann Schmidt: Jetzt wo wir so eine gesellige Runde sind - ich hab's grad schon zu Hannes gesagt - es fehlen eigentlich bloß noch die Frauen. Warum is'n das hier ein reiner Männerzirkel? Wir haben doch auch wirklich klasse Lehrerinnen an'er Schule. Karl Dall: Jaaa, ich kann Euch da schon noch 'nen Leckerbissen aus'm Hut zaubern; eigentlich sollte sie ja erst später kommen, aber o.k., eine Frau wie ein Vulkan, stets pingelig genau auf ihr Äußeres bedacht, so richtet sie auch vor jeder Stunde ihr Haar im Spiegel des Tageslichtprojektors. Vor allem bei den männlichen Schülern gilt sie als die tollste Frau der Schule. Alle: (leicht stammtischartig grölend) Na also, 's geht ja doch. Karl Dall: Hier ist sie - Greta Schwarz! Greta Schwarz: (schreitet einher) Hallo! Karl Dall: Neben Udo ist noch'n Platz frei. Udo: Oh mein Gott! (gestikuliert erregt) Greta Schwarz: Udo, was is'n los? Karl Dall: Udo, hey. Is' was? Du bist ja ganz fahl. Udo: Ich kann's nicht sagen (schnauft heftig) ... es ist nur ... nein, ich kann's nicht ... Karl Dall: Udo, jetzt sag' schon, was is'! (Udo springt gehetzt auf und legt herzzerreißend los.) Gretas blondes Haar 1) Mittwochs in Bio, ich träum' von Liebe, doch eben nur ein Traum, oh-ho-ho... Refrain: Gretas blondes Haar hat's mir angetan, 2) Sie hat mich angelacht - beim Fischesezieren - da war's um mich gescheh'n, oh-ho-ho ... Refrain: Gretas blondes Haar hat's mir angetan, Greta Schwarz: Ja Udo, mein Udo, des hab' ich ja gar net g'wußt, warum hast'n mir das nie gesagt ...? (Die beiden schäkern verstohlen und tuscheln ...) Karl Dall: Ja, die Situation ist jetzt vielleicht etwas peinlich, und unsere Sendezeit ist ohnehin knapp benessen. Bleibt mir nur noch, mich von Ihnen zu verabschieden, es hat mir Spaß gemacht, die Talkgäste waren auch in Ordnung ... König von Deutschland 1) Jede Nacht um halb eins, wenn das Fernseh'n rauscht, 2) Keine Schülerdemos mehr, keine Kinder die raufen, um bei den Frau'n dasselbe Glück wie ich zu haben, auf allen Kanälen nur noch ein Programm, "Mainz bleibt Mainz" 24 Stunden lang. Wenn ich irgendwo irgendwen erwisch' beim Rauchen, wird er wohl vor Gericht 'nen guten Anwalt brauchen, ich würde die Menschen nur mit Wahlspots quälen, es wäre Pflicht für jeden Bürger, CDU zu wählen, bei meinen Reden suchte niemand mehr das Weite, ich wär' HERBERT I. und gleich noch der II. Das alles und noch viel mehr würd' ich machen, wenn ich König von Deutschland wär'. |